16 Sep Erfahrungsbericht: Sonderpädagogik Praktikum Südafrika
Erfahrungsbericht von Emilie, 25: Sonderpädagogik Praktikum in Südafrika
Emilie studiert Sonderpädagogik an der TU Dortmund. Das Bachelor Studium beinhaltet ein 12-wöchiges Praktikum im englischsprachigen Ausland. Von Januar bis April 2024 engagierte sie sich in zwei verschiedenen Bildungsprojekten in Kapstadt. Hier teilt sie ihre Erfahrungen:
Meine Motivation
Aufgrund meines Studiums war es für mich verpflichtend ein 12-wöchiges Praktikum im englischsprachigen Ausland zu absolvieren. Ich habe mich für ein Praktikum in Südafrika entschieden, weil ich gezielt ein Land auswählen wollte, das sich völlig von Deutschland unterscheidet. Mein Ziel war es, nicht nur in einem fremden Land zu arbeiten, um meine fachlichen Fähigkeiten zu erweitern, sondern auch eine völlig neue Kultur und Lebensweise kennenzulernen. Aufgrund der kulturellen Vielfalt und seiner Geschichte schien mit Südafrika dafür besonders geeignet zu sein. Ich erhoffte mir dadurch meinen Horizont zu erweitern und mich persönlich weiterzuentwickeln.
Meine Aufgaben
Während meines Praktikums war ich in zwei unterschiedlichen Projekten tätig. Zum einen in einer Grundschule für benachteiligte Kinder und zum anderen in einem Kindergarten. Dies ergab sich insbesondere aus meinem Lehramtsstudium, da ich die Gelegenheit nutzen wollte, um Erfahrungen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen zu sammeln, mein pädagogisches Wissen zu erweitern und in der Praxis anzuwenden. Insbesondere an der Grundschule waren meine Aufgaben vielfältig, was mir erlaubte die Strukturen der Schule kennenzulernen und besser nachzuvollziehen. Dazu gehörte beispielsweise das unterstützen der Lehrkräfte im Unterricht, das gestalten von Lernmaterialien, das Einleiten von Kleingruppen zur individuellen Förderungen, das Durchführen von sportlichen Aktivitäten in Kleingruppen, die Organisation und Mitgestaltung von Schulveranstaltungen, Beobachtung und Dokumentation vom Verhalten einzelner Schüler*innen um ihre Fortschritte zu dokumentieren und evaluieren und individuelle Fördermöglichkeiten zu erstellen, administrative Aufgaben wie das Aktualisieren der Database, die Gestaltung und Verschönerung des Schulgeländes und Gebäudes.
Während meiner Zeit im Township-Kindergarten hatte ich die Möglichkeit einen direkten Einblick in die frühkindliche Bildung zu erhalten. Zu meinen Aufgaben gehörte es die Erzieher*innen und Vorschullehrkräfte bei der Umsetzung des pädagogischen Konzepts zu unterstützen, indem ich den Kindern bei ihren Lernaktivitäten half und sie beim Spielen begleitete. Neben der pädagogischen Arbeit unterstützte ich auch bei alltäglichen Aufgaben wie der Betreuung der Kinder während des Mittagessens, der Begleitung bei Toilettengängen und der Pflege der Spiel- und Lernmaterialien
Meine Highlights
Es ist schwierig sich an dieser Stelle auf ein einziges Erlebnis festzulegen, aber ein für mich unvergessliches Erlebnis ist definitiv die Besteigung des Lions Heads, wobei unser Uber Fahrer sich spontan dazu hat überreden lassen mitzukommen. Meine Mitbewohnerinnen und ich haben alle nicht damit gerechnet, aber wir hatten alle eine wundervolle Zeit und dieses Ereignis ist für mich ein ganz besonderes gewesen.
Habe ich meine Ziele erreicht?
Ja, ich konnte meine persönlichen Ziele erreichen. Ich habe unzählige wertvolle Erfahrungen gesammelt und konnte an besonders herausfordernden Situationen über mich hinauswachsen. Die vielen Gespräche mit Personen die aus prekären Lebensverhältnissen kommen haben mich eine tiefere Wertschätzung für das Leben und die Privilegien in Deutschland gelehrt und meine Aufmerksamkeit für die kleinen Freuden des Alltags besonders gestärkt.
Außerdem glaube ich, dass die Reise mein Selbstbewusstsein gestärkt hat, da ich bewusst viele Dinge allein gemacht habe, die ich normalerweise nur in Begleitung gemacht hätte, wie beispielsweise Tagesausflüge. Ich habe dadurch gelernt, mich auf mich selbst zu verlassen und eigenständig Entscheidungen zu treffen.
Zudem habe ich mich während des Praktikums das erste Mal in Situationen wiedergefunden, ich denen ich mich vor Erwachsenen Personen durchsetzen musste und meine eigenen Ziele und Absichten vertreten musste. Diese Erfahrungen haben mein Selbstvertrauen dahingehend gestärkt, mutiger und entschlossener zu sein, wenn es darum geht, meine Ziele zu verfolgen und mich für meine Überzeugungen einzusetzen.
Perspektivenwechsel: Hat sich mein Bild von Südafrika geändert?
Vor meiner Zeit in Südafrika habe ich mir das Land oft als gefährlich vorgestellt, aufgrund der Berichte über soziale Probleme und Kriminalität. Allerdings hat sich mein Bild von Südafrika während meines Aufenthalts stark verändert. Ich wurde überrascht von der Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Menschen, der Vielfalt der Kulturen und der natürlichen Schönheit des Landes. Obwohl ich nicht abstreiten möchte, dass es Herausforderungen und Risiken gibt, habe ich gelernt, dass Südafrika weit mehr zu bieten hat als nur seine negativen Schlagzeilen. Die positiven Aspekte der Kultur, der Offenherzigkeit der Menschen, der Atmosphäre und der beeindruckenden Landschaften überwiegen für mich und haben mein Bild von Südafrika nachhaltig geprägt und sind Grund dafür weshalb ich dieses wundervolle Land sicherlich ein zweites Mal besuchen werde.
Hat sich dein Bild von Deutschland geändert?
Mir ist nach wie vor bewusst, dass Deutschland nicht frei von sozialen Herausforderungen und Ungleichheiten ist. Dennoch habe ich während des Aufenthalts in Südafrika eine noch tiefere Wertschätzung für die Stabilität und Sicherheit in Deutschland entwickelt. Besonders das Bildungssystem und Gesundheitswesen habe ich nun noch mehr zu schätzen gelernt.
Besonders die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen an der Grundschule, die im Kinderheim leben, haben mein Verlangen gestärkt einen Beitrag zur Lösung sozialer Probleme zu leisten und haben mein Interesse daran geweckt nun neben dem Studium in einem Wohnheim für Kinder und Jugendliche zu arbeiten. Mein Ziel ist es, dazu zu verhelfen benachteiligten Kindern und Jugendlichen ein sicheres und unterstützendes Umfeld zu bieten und sie auf ihrem Weg zu einem selbstbestimmten Leben zu begleiten.
Was nehme ich mit?
Ich habe den Eindruck, dass Südafrikaner eine gelassenere Einstellung zum Leben haben und es schwer ist sie aus der Ruhe zu bringen. Diese entspannte Lebensweise hat mich inspiriert und ich möchte versuchen, mir diese Einstellung auch in meinem Alltag zu eigen zu machen.
Ich habe während des Aufenthalts aber nicht nur viel über die Kultur und Menschen des Landes gelernt, sondern auch von meinen Mitbewohnerinnen. Es sind Kleinigkeiten die mich inspiriert haben, die ich aber dennoch beibehalten möchte. Beispielsweise habe ich neue Rezepte und Sportarten wie Bouldern und Yoga durch sie kennen und lieben gelernt und plane diese regelmäßig in meine Routine zu integrieren
Inspiration für meinen beruflichen Werdegang
Meine Mitarbeit im Projekt hat meine Berufswahl als Lehrkraft definitiv bestätigt. Zum einen, weil meine Aufgaben sehr vielfältig waren und ich jetzt besser weiß was ich in Zukunft nicht machen möchte. Zum anderen wurden mir viele Möglichkeiten geboten auf unterschiedlichen Ebenen mit Kindern und Jugendlichen zu erarbeiten und ich habe erneut feststellen dürfen wie sehr mich diese Arbeit erfüllt. Zusätzlich haben der Austausch und das Feedback meiner Arbeitskolleginnen mir geholfen mein Potenzial als zukünftige Lehrkraft zu erkennen und zu stärken. Ich bin durch diese Erfahrung noch entschlossener und sicherer geworden, dass ich vor allem auch in der Lage bin, auch mit herausfordernden Schüler*innen erfolgreich zu arbeiten und sie auf ihrem Bildungsweg zu unterstützen, was für mich als angehende Sonderpädagogin mit einem Schwerpunkt im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung von besonderer Relevanz ist.
Dinge, die ich mir anders vorgestellt oder erhofft habe …
In der Grundschule hätte ich mir zu Anfang eine bessere Organisation und mehr Struktur gewünscht. Aufgrund der begrenzten Präsenz unserer Ansprechperson, die nur einmal pro Woche für jeweils drei Stunden vor Ort war, hatten wir nur begrenzte Möglichkeiten, uns mit ihr auszutauschen und unsere Anliegen zu besprechen. Dies führte zu Herausforderungen bei der Koordination und Umsetzung unserer Aufgaben und Projekte. Ein weiteres Problem bestand darin, dass unsere Ansprechperson nicht ausreichend in das Schulleben eingebunden wurde und dadurch wichtige Informationen oft nicht an sie weitergegeben wurden. Dies erschwerte die Kommunikation und führte dazu, dass wir manchmal nicht über wichtige Entwicklungen oder Änderungen informiert waren.
Insgesamt hätte ich mir gewünscht, dass die Zusammenarbeit zwischen den Freiwilligen und dem Schulpersonal besser organisiert und koordiniert worden wäre, um Missverständnisse zu vermeiden und die Effizienz der Projektarbeit zu steigern. Dennoch verstehe ich, dass die Mitarbeiter der Schule mit vielen Verantwortlichkeiten und Aufgaben belastet waren und es nicht immer einfach war, alles zu koordinieren. Trotz der genannten Herausforderungen habe ich jedoch viel aus dieser Erfahrung gelernt und bin dankbar für die Gelegenheit an einem so bedeutsamen Projekt teilgenommen zu haben.
Anmerkung live&learn: Die Betreuung von Freiwilligen und Praktikanten wird seit April 2024 von der der stellvertretenden Direktorin der Grundschule koordiniert, um die oben beschriebenen Herausforderungen zu vermeiden.
Meine Unterkunft
Ich lebte mit 10 weiteren Freiwilligen in einer geräumigen Wohnung in Strand, direkt am Strand mit einem atemberaubenden Meerblick. Die Lage war perfekt, da wir Zugang zu zahlreichen Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants und wichtigen Einrichtungen wie einer Apotheke und einem Waschsalon hatten, die alle bequem zu Fuß erreichbar waren.
Obwohl das Zusammenleben mit so vielen Mitbewohnern anfangs eine Herausforderung sein konnte, entwickelte sich schnell eine harmonische Atmosphäre. Es war meine erste Erfahrung in einer WG, wodurch ich mich zunächst daran gewöhnen musste weniger Zeit allein zu verbringen und häufiger Rücksicht auf andere nehmen zu müssen. Ich konnte diese Herausforderungen jedoch dazu nutzen meine Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern und zu lernen, meine Gefühle und Bedürfnisse besser auszudrücken. Dadurch, dass wir alle Rücksicht aufeinander genommen haben, hatte ich eine wundervolle Zeit mit meinen Mitbewohnern. Wir haben viele Aktivitäten gemeinsam unternommen und unzählige unvergessliche Momente miteinander geteilt.
Meine Tipps für zukünftige Freiwillige
Mein Tipp wäre es, offen für neue Erfahrungen und Kulturen zu sein, möglichst vorurteilsfrei und aktiv auf die Menschen vor Ort zuzugehen. Es ist ratsam sich vorab gut über das Projekt oder die Organisation zu informieren, um ein besseres Verständnis für die Arbeit und die Ziele zu entwickeln. Außerdem ist es wichtig, flexibel zu sein und sich auf unerwartete Situationen einzustellen, da manchmal Dinge anders laufen können als geplant. Man sollte sich im Vorfeld bewusst machen, dass man als Freiwilliger oder Praktikant nicht alle Probleme lösen kann und dass Veränderungen Zeit brauchen. Es ist wichtig, geduldig zu sein und sich auf kleine Fortschritte zu konzentrieren und nicht zu vergessen, dass sich nicht alle Umstände im Ausland mit denen in der Heimat vergleichen lassen und kulturelle Unterschiede gewisse Dinge vielleicht auch einfach nicht zulassen. Schließlich empfehle ich, die Zeit vor Ort bestmöglich zu nutzen, um sich sowohl persönlich, als auch beruflich weiterzuentwickeln und nach Möglichkeit auch ein wenig Reisezeit einzuplanen, um dieses wunderschöne Land noch besser kennenlernen zu können. Die gemachten Erfahrungen, sei es positiv oder negativ, werden wertvolle Erkenntnisse und Einsichten bieten, die einen ein Leben lang begleiten werden.
Betreuung durch das live&learn Team
Ich hätte mir die Betreuung von live&learn nicht besser vorstellen können. Sie war absolut hilfreich und umfassend. Vor der Ausreise wurde ich in Zoom-Gesprächen über eine Vielzahl an Projekten informiert, die abgestimmt auf meine Fähigkeiten und Interessen für mich in Frage kommen würden. So haben wir gemeinsam ein Projekt für mich ausgewählt, das am besten zu mir passt. Des Weiteren wurde ich von live&learn umfassend darüber beraten, welche Möglichkeiten für Stipendien und finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten es gibt. Dadurch und die Auflistung aller Kosten mit denen ich rechnen müsste, haben sie mir geholfen alle finanziellen Aspekte meiner Reise zu planen und zu organisieren.
Vor Ort erhielt ich zu Beginn meiner Reise eine informative Städtetour durch Kapstadt von live&learn. So erhielt man gleich zu Anfang wichtige Einblicke in den historischen Hintergrund und kulturelle Aspekte des Landes. Dies half mir dabei ein sensibles Verständnis für die Kultur und Lebensweise der Menschen vor Ort zu entwickeln. Diese Einblicke waren meiner Meinung nach unerlässlich, um meine Arbeit im Projekt erfolgreich durchzuführen. Die Städtetour half mir außerdem dabei mich schneller in meiner neuen Umgebung zurechtzufinden.
Darüber hinaus bietet live&learn in Kapstadt regelmäßige Treffen an, bei denen man sich nicht nur mit Antje und Alex von live&learn austauschen kann, sondern auch mit allen anderen Teilnehmer*innen. So hat man die Möglichkeit einen Einblick in eine Vielzahl von unterschiedlichen Projekten zu bekommen und einander von gemachten Erfahrungen zu berichten. Des Weiteren hat Antje sich regemäßig darüber erkundigt wie die Arbeit im Projekt läuft und sich bei Bedarf mit Mitarbeitern des Projekts in Verbindung gesetzt. So hat man sich von Beginn an, bis zum Schluss gut betreut und nie allein gelassen gefühlt.
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