06 Feb Erfahrungsbericht: Auslandspraktikum Sprachtherapie Kapstadt
Erfahrungsbericht von Pauline, 24, aus Halle: Praktikum Sprachtherapie in einer öffentlichen Förderschule in Kapstadt
Pauline studiert Sprechwissenschaft an der Martin-Luther-Universität (MLU) in Halle an der Saale Sprechwissenschaft. Neben dem Studium arbeitet sie als Praktikantin in einer sprachtherapeutischen Praxis. Von Ende Juli bis Ende August 2023 hat sie ein Praktikum im Bereich Sprachtherapie in einer staatlichen Schule in Südafrika absolviert.
Hier teilt sie ihre Erfahrungen:
Meine Motivation und meine Ziele
Für die Entscheidung, ein Praktikum in Südafrika zum Ende meines Masterstudiums zu absolvieren, gab es verschiedene Gründe. Zunächst wollte ich Auslandserfahrung im Bereich Sprachtherapie sammeln, da ich bis dahin nur Praktika in Deutschland absolviert hatte. Mein langfristiges Ziel ist es außerdem, später im Ausland zu arbeiten und so wollte ich gerne schon einmal das „Work-Life“ in einem anderen Land kennenlernen. Über live & learn fand ich online die Möglichkeit für dieses Praktikum und mit Südafrika war es auch ein „Perfect Match“, da ich bereits vor vier Jahren zum ersten Mal dort war und viele positive Erinnerungen an diese Zeit hatte. Die Arbeit in einer Schule, insbesondere mit Kindern mit besonderen Bedürfnissen, klang für mich sehr spannend und ich war neugierig auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Sprachtherapie zwischen Südafrika und Deutschland. Darüber hinaus wollte ich mehr vom Land sehen und mein Englisch auffrischen.
Mein Praktikum
Während meines Praktikums habe ich, an einer (öffentlichen) Förderschule in der Nähe von Kapstadt, die Schullogopädin unterstützt und eigene Therapiesitzungen gestaltet. Ich arbeitete in einem Team mit einer anderen deutschen Logopädin. Die Schüler waren zwischen 7 und 18 Jahren alt, und die Sprachtherapie fand hauptsächlich in Gruppensitzungen statt, aber wir hatten auch die Gelegenheit, Einzelsitzungen für ausgewählte Schüler durchzuführen. In der ersten Woche hospitierten wir ausschließlich, ab der zweiten Woche übernahmen wir Teile der geplanten Therapiesitzungen oder leiteten sie selbst. Zusätzlich erstellten wir Dokumentationen, entwickelten Therapiematerialien und hospitierten bei diagnostischen Verfahren. Die Therapiesitzungen fanden auf Englisch und Afrikaans statt, wobei es ausreichte, Englisch als Verständigungssprache zu beherrschen.
Meine Highlights
Jeder Tag in Südafrika war für mich besonders. Die Nähe zum Meer und die vielfältige Landschaft haben mich immer wieder aufs Neue fasziniert. Besonders in Erinnerung ist mir die Wanderung auf den Lions Head zum Sonnenuntergang, aber auch einfach entspannte Kochabende in unserer WG. Ich hatte das Glück, mich mit meinen Mitbewohnerinnen sehr gut zu verstehen, und wir unternahmen fast täglich etwas zusammen, einschließlich Roadtrips zum Kap der Guten Hoffnung und zum West Coast National Park. Natürlich war auch der anschließende Urlaub mit meiner Familie entlang der Garden Route und in den Krüger Nationalpark ein Highlight.
In der Schule fand ich es faszinierend, wie die Logopädin in der Lage war, jeden einzelnen Schüler abzuholen und wie wertvoll die Therapie für die Kinder war. Ich habe es außerdem sehr geschätzt, dass es immer ausreichend Zeit für fachlichen und persönlichen Austausch mit der Schullogopädin gab.
Meine persönlichen Ziele
Meine persönlichen Ziele konnte ich definitiv erreichen und eigentlich sogar übertreffen. Einerseits konnte ich Sprachtherapie in einem internationalen und multilingualen Setting kennenlernen. Darüber hinaus bin ich sprachlich und allgemein selbstsicherer geworden, habe viele neue Menschen und noch mehr von Südafrika kennengelernt. Vor meinem Aufenthalt war ich etwas unsicher bezüglich meiner Englischkenntnisse, doch vor Ort habe ich festgestellt, dass ich mich sehr gut verständigen konnte. Darüber hinaus habe ich neue Freundschaften geschlossen, was meine Erfahrung noch wertvoller gemacht hat. Zusätzlich entschied ich mich, einige Stunden Afrikaans-Unterricht zu nehmen, was echt Spaß machte und auch für die Therapien hilfreich war.
Perspektivenwechsel: Südafrika und Deutschland
Durch meinen ersten Aufenthalt in Südafrika vor vier Jahren, hatte ich schon einen Eindruck vom Land. Doch auch bei diesem Mal hatten im Vorfeld einige Menschen in meinem Umfeld Bedenken bezüglich Kriminalität, Stromausfällen und Unruhen im Land geäußert. Meine Erkenntnisse zu diesen Themen: Man sollte wachsam unterwegs sein, ähnlich wie in Großstädten in Deutschland oder anderen Ländern. Die soziale Kluft zwischen Arm und Reich ist in Südafrika besonders ausgeprägt. Als Europäer oder Ausländer sollte man sich der eigenen Wirkung bewusst sein- wenn man einige Regeln beachtet, dann kann man sich aber auch wirklich sehr sicher fühlen. Das Thema Armut hat mich insbesondere zu Beginn sehr bewegt. Es ist wichtig, sich bewusst zu sein, dass man die Situation nicht (sofort/alleine) ändern kann. Dennoch kann man einen kleinen Beitrag leisten und ich finde, vor Ort zu sein und sich generell intensiver mit dieser Thematik auseinanderzusetzen, ist ein wichtiger Beitrag. Die geplanten Stromausfälle, auch als Load Shedding bekannt, empfand ich als nicht allzu einschränkend. Mithilfe von Apps, Powerbanks und Taschenlampen konnte man sich gut darauf vorbereiten. Während meines Aufenthalts habe ich auch einen Taxistreik erlebt, was eine nicht zu unterschätzende Erfahrung war. Hier ist es ebenfalls wichtig, immer gut informiert zu sein.
Dennoch hat mich die Mentalität der Südafrikaner erneut beeindruckt. Überall begegneten mir offene, herzliche und respektvolle Menschen. Zum Winter in Südafrika: dieser war tatsächlich etwas kälter als ich es erwartet hatte. Antjes und Sinas Empfehlung, eine Wärmflasche mitzunehmen sowie Hausschuhe und dicke Socken, hat sich definitiv bewährt.
An Deutschland schätze ich die Möglichkeit, öffentliche Verkehrsmittel nutzen zu können und nicht auf ein Auto angewiesen zu sein, nach dem Aufenthalt noch etwas mehr. Das Sozialsystem, die Mülltrennung und das Pfandsystem sind natürlich ebenfalls positive Aspekte. Allerdings empfinde ich die Menschen in Deutschland meistens als weniger freundlich und offen.
Neben einzigartigen Landschaften, einer beeindruckenden Tierwelt und der kulinarischen Vielfalt in Südafrika, hatte ich außerdem das Gefühl, dass viele Menschen sehr motiviert und hart arbeiten, um ihre Lebenssituation zu verbessern. Trotz der nachwirkenden Effekte der Apartheid und ungleicher Chancen, spürt man den Zusammenhalt und den positiven Nationalstolz der Südafrikaner. Aus meinem Praktikum nehme ich außerdem mit, dass sich das deutsche und das südafrikanische Schulsystem bezüglich Inklusivität unterscheiden- dabei wurde mir wieder bewusst, dass es aber schlussendlich nicht den einen richtigen Weg gibt.
Inspiration für meinen beruflicher Werdegang
Nach meinem Aufenthalt in Südafrika kann ich mir weiterhin sehr gut vorstellen, in ein paar Jahren im Ausland zu leben und zu arbeiten. Ich habe gemerkt, wie gut es mir tat nach der Arbeit in so einem schönen Land wie Südafrika meine Freizeit zu gestalten, sei es durch Wanderungen, Surfen etc. Darüber hinaus sehe ich nun auch die sprachtherapeutische Arbeit in verschiedenen Institutionen wie Schulen, Kindergärten und Kliniken als eine weitere Möglichkeit neben der Arbeit in einer privaten Praxis.
Wohnsituation
Während meiner Zeit in Südafrika habe ich zusammen mit drei anderen deutschen Mädels in einem Apartment gewohnt. Da wir im Winter dort waren, hatten wir die Wohnung quasi für uns alleine- wir haben aber auch gehört, dass es zu wärmeren Jahreszeiten voller werden kann. Aus diesem Grund sollte man sich schon bewusst sein, dass man eher weniger Privatsphäre hat- zumindest in einem Mehrbettzimmer. Ich habe das WG-Leben aber sehr genossen, da wir uns alle sehr gut verstanden haben. Die Wohnung ist wirklich wunderschön gelegen, direkt am Meer, mit einem traumhaften Ausblick auf die Berge im Hintergrund. Zur Schule wurden wir täglich von Patricia, unserer „Host Mom“ gebracht- die Fahrt dauerte nur ca. 15 Minuten. Sie hat uns auch vom Flughafen abgeholt und das Ankommen insgesamt sehr leicht gemacht, da sie uns immer mit Rat und Tat zur Seite stand. Kapstadt ist allerdings schon ein Stückchen entfernt, mit dem Auto oder Uber dauert es ca. 45 Minuten, nach Stellenbosch sind es ca. 30 Minuten. In Strand fanden wir alles, was wir brauchten, von Einkaufsmöglichkeiten bis zu Restaurants und einem Waschsalon. In der Wohnung gibt es keinen Generator, das heißt man sollte bei Stromausfällen gut vorbereitet sein, da beispielsweise auch der Fahrstuhl nicht funktioniert.
Tipps
…die ich anderen Freiwilligen mitgeben kann:
- Regelmäßig die Load Shedding App checken, um über Zeiten der Stromausfälle informiert zu sein und so nicht z.B. im Fahrstuhl stecken zu bleiben; eine Power Bank dabei und geladen zu haben, ist auch praktisch
- Im südafrikanischen Winter ist warme Kleidung ein Muss, da die Häuser in der Regel keine Heizung haben
- Ein Auto zu mieten kann sich lohnen, ansonsten ist auch Uber eine praktische Transportoption
- Sich im Vorfeld nicht zu viele Gedanken zu machen (auch hinsichtlich der Sicherheit)- Bleib wachsam, aber lass dich nicht von Bedenken überwältigen
- Sich so viel Zeit wie möglich für Projekt bzw. Aufenthalt zu nehmen, wenn möglich auch eine Reise/Urlaub planen
- Auf das Land, die Menschen und Erfahrungen einlassen- Du wirst es nicht bereuen
- Wenn möglich, für ein Stipendium bewerben
Betreuung durch live&learn
Ich habe mich von live&learn vor und während meines Aufenthalts in Südafrika sehr gut betreut gefühlt. Im Vorfeld lief der Kontakt regelmäßig über E-Mail und ich wusste, dass ich immer einen erreichbaren Ansprechpartner habe. Besonders schön fand ich, dass ich Antje und Alex vor Ort auch persönlich kennenlernen konnte. Auch bei den monatlichen Treffen mit anderen Freiwilligen gibt es Raum zum persönlichen Austausch. Dadurch entstand für mich ein sehr familiäres und sichereres Gefühl. Darüber hinaus standen sie mir als Ansprechpartner für jede Art von Unterstützung zur Verfügung, sei es in Bezug auf Aktivitäten außerhalb des Praktikums oder Informationen während des Taxistreiks. Die Stadttour mit Alex war zudem äußerst hilf- und aufschlussreich, um Kapstadt besser kennen und verstehen zu lernen. Ich kann anderen, die gerne Arbeitserfahrungen in Südafrika sammeln wollen, solch einen Aufenthalt mit live&learn definitiv empfehlen.
Vielen lieben Dank noch einmal, liebe Antje, lieber Alex und liebe Sina! Bis hoffentlich bald.
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