13 Okt Menschenhandel in Südafrika – Strategien zur Bekämpfung
In unserem Blogartikel „Was ist Menschenhandel“ berichteten wir über Menschenhandel, was darunter zu verstehen ist und wie sich Opfer erkennen lassen. In diesem Artikel berichten wir über Menschenhandel in Südafrika und warum insbesondere hier Frauen und Mädchen so leicht Opfer sexueller Ausbeutung werden. Darüber hinaus erklären wir die Folgen für Opfer und stellen die Arbeit eines Schutzhauses für Opfer sexueller Ausbeutung vor.
Südafrika ist zurecht stolz auf seine Verfassung. Sie wurde nach Ende der Apartheid unter Beteiligung einer Vielzahl von zivilgesellschaftlichen Organisationen, u.a. Menschenrechtsorganisationen von der neuen demokratischen Regierung erarbeitet und 1996 verabschiedet. Die neue Verfassung schreibt die Gleichstellung aller Menschen, unabhängig ihres sozialen, kulturellen, religiösen oder geschlechtlichen Hintergrunds fest. Viel internationales Aufsehen erregte zum Beispiel die Anerkennung und Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Ehen.
Auch ein Verbot von Zwangsarbeit ist bereits in der Verfassung verankert. Mit dem „Prevention and Combating of Trafficking in Persons Act“ von 2013 sowie dem „National Policy Framework for the Prevention and Combating the Trafficking in Persons“ (2018) liegen sowohl eine eindeutige Gesetzeslage sowie eine umfassende Strategie vor, um Menschenhandel in Südafrika zu unterbinden.
Und dennoch gibt es auch in Südafrika viele Menschen, die Opfer von Menschenhändlern werden.
Dabei spielt Zwangsprostitution mit knapp 55% bekannter Fälle die größte Rolle, gefolgt von Zwangsarbeit mit knapp 40%. Betroffen sind mehrheitlich Frauen und Mädchen (70% aller Fälle).
Südafrika ist sowohl Zielland für Opfer von Menschenhandel aus anderen afrikanischen Ländern als auch Ursprung und Transit Land, für Menschenhandelsopfer, die nach Europa oder Nordamerika verschleppt werden. Laut National Policy Framework hatten 2017 die Mehrheit der Opfer die südafrikanische Staatsbürgerschaft. Andere Opfer kamen aus Thailand, Äthiopien, Lesotho, Mosambik, Ghana, Nigeria, Bulgarien, Swasiland and Tansania.
Warum werden Menschen Opfer von Menschenhandel?
Die Hintergründe und Geschichten der von Menschenhandel und Ausbeutung betroffenen Menschen können sehr unterschiedlich sein. Fachberatungsstellen für Betroffene von Menschenhandel weisen immer wieder darauf hin, dass es nicht das „typische Opfer von Menschenhandel“ gibt. Wesentliche Faktoren in den meisten Geschichten von Opfern von Menschenhandel in Südafrika sind allerdings:
Die Folgen von Menschenhandel für seine Opfer
Opfer von Menschenhandel werden zunehmend an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Sie werden von ihren Schleppern sozial isoliert, damit ihre Ausbeutung unentdeckt bleibt und sie sich keine Hilfe holen können. Bei aus anderen Ländern eingeschleppten Opfern werden zudem die Ausweisdokumente und Aufenthaltsgenehmigungen konfisziert, so dass auf diese Weise zusätzliche Abhängigkeit geschaffen und Druck auf die Opfer ausgeübt werden kann. Opfer geraten in eine Falle, aus der sie sich kaum eigenständig befreien können. Schwerwiegend sind darüber hinaus die gesundheitlichen Schäden: Schlechte Ernährung, verwehrter Zugang zu medizinischer Versorgung, Misshandlung durch Schlepper oder aber im Fall von sexueller Ausbeutung Misshandlung von Freiern, führen bei Opfern nicht nur zu körperliche Erkrankungen (z.B. infektiöse, sexuelle übertragbare Krankheiten), sondern hinterlassen auch schwerwiegende seelische Wunden (Traumata), die in vielen Fällen auch zu posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS führen.
Wird eine posttraumatische Belastungsstörung nicht durch eine Traumatherapie behandelt, kann sie ernste Folgen für Betroffene und deren Umfeld haben, z.B.:
- Wiedererleben der traumatischen Situation in Form von Bildern, Gefühlen (Flashbacks).
- Verlust an Lebensfreude/-qualität
- zunehmende Schwierigkeiten in sozialen Beziehungen und Unfähigkeit, Vertrauen zu anderen aufzubauen
- soziale Isolation, Rückzug und Vereinsamung
- Fehlende Belastbarkeit und Arbeitsunfähigkeit, bzw. Schwierigkeit, am Arbeitsplatz die erwarteten Leistungen zu erbringen – damit ist die Gefahr des Zurückrutschens in ausbeuterische Verhältnisse umso grösser.
S-CAPE – Bildung statt Ausbeutung
Ein nachhaltiger Ansatz zur Rehabilitierung von Opfern des Menschenhandels
Seit 2011 engagiert sich die gemeinnützige Organisation S-Cape in Südafrika für insbesondere weibliche Opfer von Menschenhandel, fängt sie auf, bietet ihnen Schutz und unterstützt sie bei der Rehabilitierung.
Dabei ist der Heilungsprozess für jene Frauen und Kinder, welche Opfer von sexueller Ausbeutung und Missbrauch geworden sind im Vordergrund. Dies gelingt der Organisation, indem sie neben dem Betreiben eines anerkannten Schutzhauses auch physische, psychologische, emotionale und spirituelle Pflege sowie ein umfassendes Bildungsprogramm anbietet.
Das Rehabilitierungsprogramm umfasst 4 wesentliche Aspekte:
1) Deckung der Grundbedürfnisse:
Opfer oder vielmehr Überlebende werden im Schutzhaus aufgenommen, erhalten eine sichere Unterkunft, Verpflegung sowie medizinische Erstversorgung. Darüber hinaus erhalten Opfer auch rechtliche Unterstützung sowie werden bei Behördengängen zur Wiederbeschaffung von Ausweisdokumenten wie Geburtsurkunde und Personalausweis.
2) Individuelles Therapeutisches Programm: Darüber hinaus erhalten die Frauen Zugang zu verschiedenen Therapien. Ein Schwerpunkt liegt auf der Hilfestellung bei der Verarbeitung traumatischer Erlebnisse sowie auf der Behandlung von möglichen posttraumatischen Belastungsstörungen. Bei Bedarf werden auch sprachtherapeutische sowie physiotherapeutische Programme angeboten.
3) Vermittlung von Fähigkeiten und Empowerment: Die Mehrheit der Mädchen und Frauen haben die Schule nur wenige Jahre besucht und können kaum lesen, schreiben und rechnen. Damit haben sie nur wenig Chancen auf eine fair bezahlte Arbeit und bleiben gleichzeitig sehr anfällig für unseriöse Jobangebote. Um die Voraussetzungen für ein selbst bestimmtes Leben zu schaffen, bietet S-Cape ein umfassendes Bildungsprogramm an. Hier lernen Mädchen und Frauen nicht nur lesen, schreiben und rechnen. Auch andere Alltagsthemen zum Beispiel im Bereich Gesundheit, Ernährung, Finanzen werden vermittelt und die Frauen können sich auch praktische Fähigkeiten wie Nähen und Handwerken erlernen.
4) Wiedereingliederung und Wiedervereinigung:
Die meisten Frauen bleiben 2 bis 3 Jahre im Schutzhaus. Im letzten Jahr liegt der Schwerpunkt der Betreuung auf der Wiedereingliederung der Mädchen in und Frauen in die Gesellschaft. Dazu gehört zum Beispiel die Hilfestellung bei der Jobsuche, oder aber die Wiedervereinigung mit ihren Familien. Viele Mädchen und Frauen, die Opfer sexueller Ausbeutung waren wurden von ihren Familien verstoßen und das Team von S-Cape hilft dabei, den Weg zurück in die Familiengemeinschaft zu ebenen.
Bisher konnte 95 Opfern durch S-Cape geholfen werden.
Unterstütze Opfer von Menschenhandel in Südafrika!
Unterstütze unsere aktuelle Kampagne für S-Cape, ein Schutzhaus für Opfer von Menschenhandel in Kapstadt. Das Schutzhaus bietet insbesondere Opfern von sexueller Ausbeutung einen Schutzort und unterstützt sie dabei, den Teufelskreis aus Armut, Gewalt und Ausbeutung zu durchbrechen und ein selbst bestimmtes Leben zu führen. Mit unserer Kampagne sammeln wir Spenden, um das Bildungsprogramm der Einrichtung zu stärken.
Du möchtest dich im Rahmen eines Freiwilligendienstes oder Praktikums für Opfer von Menschenhandel in Südafrika engagieren?
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